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POSITION III

shadowgraphic scheme

Störenfried

Lichter Streifschuß für den Störenfried - Achim Mohnés Staubschattenbilder

Man Rays Aufnahme von Elevage de Poussière, 1920, Metropolitan Museum, New York

Gilt Staub als ein meist theologisch aufgeladener Gegenstand im klassischen Materialbild, so macht er sich im Universum der technischen Bilder mehr als ungewollte Störung bemerkbar. Wer kennt nicht den Fusel auf dem photographischen Abzug eines Negativs - aber auch die empfindlichen Photochips heutiger Digitalkameras sind vor staubbasierten Interventionen nicht gefeit. Bildliche Annäherung von Seiten des technischen Bildes an diesen Störenfried gibt es vergleichsweise wenige. Unwillkürlich denkt man an Man Ray, der 1920 in Elevage de Poussière Staubspuren auf Marcel Duchamps „Großem Glas“ mit der Kamera festhielt. Doch keiner kam dem Phänomen des Staubs bislang so nahe wie Achim Mohné in seiner 2004 begonnen Serie der Lasergraphs. Daß er sich dem Störenfried dabei mit dem Schattenmedium des Photogramms näherte, kommt nicht von ungefähr, sondern geschah für den Kölner Künstler beinahe schon aus einer inneren Notwendigkeit heraus.

Mit Staub ist Achim Mohné schon länger vertraut. So beschäftigte er sich mit angestrahlten Partikeln bereits in großformatigen Scheinwerferinstallationen. In Aufzeichnungen für das Kellerloch, u.a. 2000 am Museum Ludwig realisiert, war der Staub der alleinige lichtchoreographische Hauptakteur und avancierte zu einem „hyperaktiver Sternenhimmel“[1]. Die Fireflies[2] , die Mohné erstmals 2000 als mobile Installation in der südkalifornischen Wüste realisiert, wurden ferner zum lichten Anziehungspunkt für Regen und Insekten. Die Umsetzung der Fireflies im Kubus des ZKM Karlruhe anläßlich der Ausstellung Iconoclash[3], zog sich schließlich ihre Leuchtobjekte selbst heran. Zu Tausenden schwirrten eigens gezüchtete Getreidemotten im Lichtstrahl eines Hochleistungskinoprojektors und kreierten in der abgefilmten Videoprojektion ein amorphes Raster von lebendigen Lichtpunkten.

Streifschuß

Diese temporären Installationen hielt Achim Mohné auch in kameraphotographischen Bildern fest, deren Reiz vornehmlich in den verwischten Bewegungsspuren der Insekten liegt. Unzufrieden war er hingegen mit den statischen Aufnahmen der insektenlosen Staubkegel und suchte deshalb nach alternativen Formen Staub als unbelebten Solisten ins technische Bild zu setzen. Er erinnerte sich schließlich an die von ihm früher verwendete Schattentechnik des Photogramms, die er bereits 1996 mit Soma Semeion Syllogo großformatig in einem performativen Kontext einsetzte. Anstelle des menschlichen Körpers sollte nun Staub seinen Schatten werfen. Anstatt großer schwarzweißer Bahnen von Photopapier sollte Planfilm kleiner als eine Postkarte zur fixierenden Bühne der geworfenen Schatten werden.


series of colour Lasergraphs

Der Staub wird nun quasi im Streifschuß bildlich erledigt. Als Lichtgeschoß dient Achim Mohné das kohärente Licht eines Lasers. Ein rund 1 mm durchmessender Strahl streift von der Seite über die Oberfläche von 4 x 5 Inches großen Dias und Negative. Der Staub gelangte zuvor alleine schon durch die statische Aufladung beim Herausnehmen aus der Packung von alleine auf die Planfilme, teils bestäubte Achim Mohné diese noch zusätzlich. Die in der Schußlinie befindlichen Staubkörner werden förmlich durch das gebündelte Licht aufgeladen.

Unfall


Adam Fuss: Plate 43
from "Less than a tast of
earth, Santa Fee 1987

Aus diesem lichten Nahkampf gehen Resultate in Farbe oder Schwarzweiß mit kosmischer Anmutung hervor, die ihresgleichen suchen. Achim Mohnés photogrammatische Auseinandersetzung mit Staub als schattenwerfendem Hauptdarsteller kennt nur wenige Pendants. So spielte Staub als Protagonist lediglich eine Schlüsselrolle im photogrammatischen Findungsprozeß bei Adam Fuss. Erst ein Unfall mit einer Lochkamera im Jahre 1986 ließ den gebürtigen Briten das Photogramm gar entdecken. Durch eine Ritze fiel unbeabsichtigt Licht in die dunkle Kiste und belichtete von der Seite nicht nur den 8x10 Inch großen Diafilm, sondern kreierte ein bemerkenswertes Licht- und Schattenszenario des darauf befindlichen Staubs[5]. Adam Fuss selbst bezeichnet dies Arbeit als eine seiner schönsten und wichtigsten Arbeiten , hat aber diesen Weg bemerkenswerter Weise nicht weiter verfolgt. [6].

Achim Mohnés Lasergraphs gehen über Adam Fuss' sanft moduliertes Schattenbild hinaus. Das gebündelte Licht kreiert mehr als Schattenbilder von Staub: So regt der Laser die einzelnen Staubkörner nicht nur zur dunklen Hinterlassenschaft von Schatten an, sondern lädt diese zu Leuchtkörpern auf, die selbst wiederum auf das umgebende Feld ausstrahlen und das Licht farbenreich beugen. Aber auch durch die Vergrößerung unterscheidet sich sein Ansatz grundsätzlich von Adam Fuss, der meint, ein Photogramm müsse dem Wesen nach im Maßstab 1: 1 abbilden. Gerade durch die Vergrößerung löst Mohné sich von diesem gern gehegten Dogma und dem damit verbundenen metaphysisch angehauchten Spurdiskurs. Den Blick macht er damit frei für die räumlichen Qualitäten von Distanz und Berührung. Die Staubpartikel avancieren so zu einem Knoten in einem komplexen Beziehungsgeflecht von Licht und anderen Partikeln.

Tim Otto Roth


Quellen:

[1] Drühl, Sven: Achim Mohné - Zeitverschiebungen und Beobachtungen zweiter Ordnung, in: Kunstforum, 151 (July-September 2000), pp.146-151, here p.147.
[2] Weibel, Peter; Latour, Bruno (ed.): Iconoclash, Cambridge 2002, p.684.
[3] KHM Köln (ed.): Achim Mohné, Arbeiten 1996-98, Köln 1998.
[4] Parry, Eugen in: Fuss, Adam: Less than a tast of earth, Santa Fee 1987, pp.1-28, here p.8-9, Plate 43.
[5] Adam Fuss spoke on this subject with the author on a tour of his solo show in Winterthur 1999.

Links:

www.achimmohne.de

Druckausgabe

POSITION III: Lasergraphs
12 Seiten, vierfarbig, A5
mit einem Text von Tim Otto Roth
Frühjahr 2008

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